Zuchtprogramm Merinofleischschaf

1. Eigenschaften und Definition der Rasse

Die Entstehung des Merinofleischschafes basiert auf der Kombination des deutschen Merinokammwoll-schafes mit französischen und englischen Zweinutzungsrassen.

Das Merinofleischschaf ist ein mittelgroßes bis großes Schaf mit guter Fruchtbarkeit und betonter Fleisch-leistung. Es ist besonders geeignet für futterwüchsige Böden in Acker- und Grünlandgebieten.
Der Kopf mit ausgeprägtem Geschlechtstyp ist mittelgroß, breit und bis zur Augenlinie bewollt. Die Mut-terschafe sind hornlos. Bei den Böcken werden auftretende Hornstummel toleriert. Der Körper zeichnet sich durch eine tiefe, breite Brust, Rumpfigkeit, einen langen, festen und gut bemuskelten Rücken, ein breites, nicht abfallendes Becken und volle Innen- und Außenkeulen aus. Das Fundament ist korrekt ge-stellt, trocken mit straffen Fesseln. Die feine, weiße Wolle hat Merinocharakter mit möglichst ausgegli-chener Feinheit von A – AB (22 – 28 μm).

Das Merinofleischschaf eignet sich für die Hüte-, Koppel- und Stallhaltung. Es liefert beste Schlachtkörper.

Leistungsdaten

Das rassetypische Geburtsgewicht beträgt 5 kg bei Einlingen und 4 kg bei Mehrlingen.

Die täglichen Zunahmen liegen bei Mastlämmern im Bereich von 350 – 450 g, die Schlachtausbeute beträgt bei einem handelsüblichen Mastendgewicht von 42 kg 48 bis 50 %.

2. Ziele des Zuchtprogramms

Allgemeines Zuchtziel ist die Erhaltung der typischen Rasseeigenschaften bei gleichzeitiger Beibehal­tung der genetischen Vielfalt, wobei eine Verbesserung der Rasse entsprechend der Selektionskriterien angestrebt wird.

2.1 Zuchtziele

Züchtung eines mittelgroßen bis großen Schafes im Zweinutzungstyp Fleisch-Wolle mit betonter Fleisch­leistung, hoher saisonunabhängiger Fruchtbarkeit, guter Futterverwertung und guter Konstitu­tion. Das Merinofleischschaf soll gut gekräuselte, ausgeglichene, feine, reinweiße Merinowolle erzeu­gen. Hautfalten sind unerwünscht. Bei den Böcken werden auftretende Hornstummel und auch Hörner toleriert.

2.2 Zuchtmethode

Die Zuchtziele werden angestrebt mit der Methode der Reinzucht. Das Einkreuzen fremder Rassen ist nicht zulässig. Weibliche Tiere, die die abstammungsmäßigen Voraussetzungen nicht erfüllen, aber dem Zuchtziel entsprechen und zur Verbesserung der Rasse beitragen, können in die zusätzliche Abtei­lung des Zuchtbuches eingetragen werden.

2.3 Erbfehler und genetische Besonderheiten

Die Rasse besitzt ein Scrapie-Resistenzgen. Es besteht die Möglichkeit, eine genetische Resistenz gegen­über klassischer Scrapie zu erlangen. Das Ziel ist die Erhöhung der Resistenz gegen transmis­sible spongiforme Enzephalopathien (Scrapie). Böcke der PrP Genotypklasse G4 und G5 werden nicht gekört und sind laut TSE-Resistenzzucht-Verordnung vom 17.10.2005 von der Zucht auszuschließen.

Die Erfassung von genetischen Besonderheiten und Erbfehlern erfolgt durch den Zuchtverband. Der Züchter ist verpflichtet, dem Zuchtverband alle bekannten Untersuchungsergebnisse zur Verfügung zu stellen.

3. Zuchtgebiet (geographisches Gebiet) und Umfang der Zuchtpopulation

Das Zuchtgebiet umfasst das Gebiet Mecklenburg-Vorpommern.

Die Zuchtpopulation umfasst alle im Zuchtbuch des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes Mecklenburg-Vorpommern e.V. eingetragenen Tiere der Rasse Merinofleisch­schaf.

Es gibt eine bundesweite Zuchtkooperation (VDL-Fachausschuss Merinofleischschaf).

 4. Selektionskriterien und Leistungsprüfungen

Die Leistungsprüfungen erfolgen als Feld- oder Stationsprüfung nach der Richtlinie der VDL zur Durchfüh­rung von Leistungsprüfungen, veröffentlicht unter https://service.vit.de/dateien/ovicap/vdl_richtlinie_leistungspruefungen.pdf

Fol­gende Leistungsprüfungen werden bei der Rasse Merinofleischschaf durchgeführt und dienen als Selektions­kriterien:

  • Exterieurbewertung mit den Merkmalen Wolle, Bemuskelung und Äußere Erscheinung: Diese Leistungsprüfung ist verpflichtend zur Eintragung in die Klasse A für alle männlichen Zuchtschafe, in die Klassen A, C oder D für alle weiblichen Zuchtschafe. Anhand der Exterieurbewertung erfolgt die Einstufung in Zuchtwertklassen.
  • Fruchtbarkeitsprüfung im Feld: Diese Leistungsprüfung ist für alle weiblichen Zuchtschafe ver­pflichtend.
  • Fleischleistungsprüfung im Feld oder auf Station: Diese ist für männliche Tiere verpflichtend. Jeder Züchter hat das Recht, sich auf Teilprüfungen (z.B. Ermittlung der täglichen Zunahmen) zu beschränken.

Die Ergebnisse der Leistungsprüfungen (auch Teilprüfungen) werden im Zuchtbuch festgehalten und in der Tierzuchtbescheinigung ausgewiesen.

Die Durchführung der Leistungsprüfungen obliegt:

  • Exterieurbewertung: Beauftragter des Zuchtverband
  • Fruchtbarkeitsprüfung im Feld: Züchter
  • Fleischleistungsprüfung:
    • Gewichtserhebung im Feld: Züchter oder Beauftragter des Zuchtverbands
    • Ultraschall im Feld: Beauftragter des Zuchtverbands
    • Fleischigkeitsnote im Feld: Beauftragter des Zuchtverbands
    • Stationsprüfung: Beauftragter des Zuchtverbands

5. Zuchtwertschätzung

Die Zuchtwertschätzung erfolgt nach den Richtlinien der VDL zur Durchführung der Zuchtwertschät­zung, veröffentlicht unter https://service.vit.de/dateien/ovicap/vertraege_zuchtwertschaetzung.pdf

Mit der Durchführung der Zuchtwertschät­zung ist vit Verden (Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w.V., Heinrich-Schröder-Weg 1, 27283 Verden/Aller,  info@vit.de ) beauftragt.

Für folgende Parameter wird bei der Rasse Merinofleischschaf eine Zuchtwertschätzung durchgeführt:

  • Reproduktion mit dem Einzelmerkmal Wurfgröße (Anzahl geborene Lämmer pro Mutterschaf)
  • Exterieur mit den Einzelmerkmalen Wollqualität, Bemuskelung und Äußere Erscheinung
  • Fleischleistung mit den Einzelmerkmalen Tägliche Zunahme, Futterverwertung, Fleischigkeit und Verfettung

Für jedes Einzelmerkmal wird bei Vorliegen der geforderten Mindestsicherheit ein Zuchtwert ausgewie­sen.

Aus den einzelnen Zuchtwerten wird ein Gesamtzuchtwert mit folgender Gewichtung (in %) gebildet:
• Reproduktion 10,0
• Wollqualität 7,5
• Bemuskelung 7,5
• Äußere Erscheinung 10,0
• Tägliche Zunahme 20,0
• Futterverwertung 20,0
• Fleischigkeit 15,0
• Verfettung 10,0

Die aktuellen Ergebnisse der Zuchtwertschätzung werden im Zuchtbuch festgehalten und in der Tierzuchtbescheinigung ausgewiesen.

6. Zuchtbuchführung

Die Zuchtbuchführung erfolgt durch den Zuchtverband entsprechend der Satzung. Hierzu be­dient sich der Zuchtverband entsprechend der vertraglichen Regelungen zur Datenbank „OviCap“ beim vit Verden. Das Zuchtbuch wird vom Zuchtverband im Sinne der tierzuchtrechtlichen Vorschriften und der ViehVerkehrV auf der Grundlage der durch das Mit­glied gemeldeten Daten und Informationen geführt, die im Rahmen der Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung ermittelt werden. Vit Verden arbeitet im Auftrag und nach Weisung des Zuchtverbands.

7. Zuchtdokumentation

Die Zuchtdokumentation erfolgt entsprechend den Regelungen der Satzung.

8. Zuchtbucheinteilung

Das Zuchtbuch umfasst für männliche Tiere eine Hauptabteilung mit den Klassen A und B. Das Zucht­buch umfasst für weibliche Tiere eine Hauptabteilung mit den Klassen A und B und eine zusätzliche Abteilung mit den Klassen C und D.

Die Zuordnung der Zuchttiere in eine Abteilung und Klasse erfolgt bei der Eintragung unter Berücksichti­gung des Geschlechts, der Abstammung und der Leistung.

Einteilung


Anforderungen an männliche Tiere


Anforderungen an weibliche Tiere


Hauptabteilung

Klasse A

Eltern und Großeltern in der Hauptabteilung eines Zuchtbuches der Rasse eingetragen

Körung mit mindestens Zuchtwertklasse II

Vater, Großväter und Großmutter väterlicherseits in der Hauptabteilung, Mutter und Großmutter mütterlicherseits mindestens in der zusätzlichen Abteilung eines Zuchtbuchs der Rasse eingetragen

bewertet mit mindestens Zuchtwertklasse II




Hauptabteilung

Klasse B

Eltern, Großväter und Großmutter väterlicherseits in der Hauptabteilung, Großmutter mütterlicherseits mindestens in der zusätzlichen Abteilung eines Zuchtbuchs der Rasse eingetragen Vater, Großväter und Großmutter väterlicherseits in der Hauptabteilung, Mutter und Großmutter mütterlicherseits mindestens in der zusätzlichen Abteilung eines Zuchtbuchs der Rasse eingetragen



Zusätzliche Abteilung

Klasse C (Vorbuch)

Vater in der Hauptabteilung und Mutter mindestens in Klasse D eines Zuchtbuchs der Rasse eingetragen

bewertet mit mindestens Zuchtwertklasse II




Zusätzliche Abteilung

Klasse D (Vorbuch)

als rassetypisch beurteilt

bewertet mit mindestens Zuchtwertklasse II




9. Selektion und Körung

Die Selektion der Tiere und Zuordnung in die Klassen des Zuchtbuches erfolgt entsprechend der Exterieurbeurteilung unter Berücksichtigung der Abstammung. Die Ergebnisse der Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung dienen der innerbetrieblichen Selektionsentscheidung.

Die Körung ist Voraussetzung für die Zuchtbucheintragung eines Bockes in die Klasse A des Zuchtbuches. Sie erfolgt entsprechend den Regelungen der Satzung.

Zur Körung werden nur Böcke zugelassen,

  1. die in der Hauptabteilung des Zuchtbuches eingetragen werden können,
  2. deren Eltern in der Klasse A des Zuchtbuchs eingetragen sind,
  3. die keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufweisen (Zuchttauglichkeit, keine Gebiss- und Hodenanomalien).

Mindestanforderung an die Körung eines Zuchtbockes bezüglich der Abstammung:

A männl.A
A männl.A
A weibl.
(Aufstiegstier)
A
C
A männl.A männl.A
A weibl.
(Aufstiegstier)
A
C weibl.A
D

Ein Bock wird gekört, wenn er in allen Merkmalen der Exterieurbewertung (siehe Punkt 4.) mit mindestens Note 4 bewertet wird. Unerwünschte Merkmale führen zu einem Abzug in der Exterieurbewertung, zuchtausschließende Merkmale werden mit einer Exterieurnote kleiner 4 bewertet. Seltene Vaterlinien sollen erhalten werden. Dazu können im Zuchtbuch die Bocklinien erfasst werden. Als Hilfsmittel bietet das Herdbuchprogramm OviCap Inzuchtberechnungen und Anpaarungsempfehlungen zum Einsatz potentieller Vatertiere an.

10. Abstammungssicherung

Die Abstammungssicherung erfolgt nach den Regelungen der Satzung. Als zugelassene Methode zur Abstammungssicherung wird das Verfahren der DNA-Profile aus Mikrosatelliten angewendet

11. Zugelassene Reproduktionstechniken und Bestimmungen für Tiere, von denen Zuchtmaterial gewonnen wird

Künstliche Besamung und Embryotransfer sind zugelassen. Tiere, von denen Zuchtmaterial gewonnen wird, müssen im Zuchtbuch Klasse A eingetragen sein.

Das Zuchtprogramm wurde am 01.12.2021 beschlossen und tritt am 01.01.2022 in Kraft.