Tag des Wolfes am 30. April

Susanne Petersen, Vorsitzende des Landessschaf- und Ziegenzuchtverbandes Mecklenburg-Vorpommern, fordert politische Entscheidungen

„Für Schaf- und Ziegenhalter ist der Tag des Wolfes leider auch in diesem Jahr erneut ein Anlass, dringend erforderliches politisches Handeln einzufordern. Im Jahr 2022 hatten wir 83 Wolfsübergriffe mit 293 getöteten und 97 verletzten Tiere in Mecklenburg-Vorpommern. Die meisten davon waren Schafe. Mit 18 Rudeln, sechs Paaren und vier territorialen Einzelwölfen haben wir einen neuen Höchststand an Wölfen im Land erreicht.

Im Jahr 2021 wurden vom Umweltministerium 415.000 Euro für Prävention, also Maßnahmen zum Herdenschutz (Zäune, Anschaffung und Unterhalt von Herden-schutzhunden, Kosten für Arbeitsaufwand) gezahlt. Bundesweit waren es 2021 sogar 16,6 Mio. Euro. Dabei sind die vielen Vorsorgemaßnahmen, die Tierhalter auf eigene Kosten vorgenommen haben, noch gar nicht enthalten. Wir wissen dies zu schätzen, müssen aber gleichzeitig feststellen, dass ein hundertprozentiger Herdenschutz nicht möglich ist. Von daher fehlt uns auch jedes Verständnis für die immer wieder gerade von den Verbänden, die mit dem Tag des Wolfes seine Rückkehr feiern, vorgebrachte Forderung, wir müssten den Herdenschutz verbessern.

Schon jetzt wird von uns erwartet, dass wir Rissvorkommen emotional und finanziell wegstecken, dass wir beim Bau und Umsetzen unserer Zäune ständig an unsere körperlichen und auch organisatorischen Grenzen stoßen und dass wir den Einsatz von Herdenschutzhunden in unsere Betriebsabläufe integrieren. Letzteres ist nicht immer möglich und schon gar nicht einfach, denn selbstverständlich müssen wir dabei die Belange des Tierschutzes beachten, unsere Verantwortung wahrnehmen und diese Belastungen psychisch verkraften. Herdenschutzhunde bleiben nach ihrer Anschaffung ihr Leben lang im Betrieb, egal ob sie sich als zuverlässig und nützlich erweisen oder nicht! Einige unserer Tierhalter rüsten regelrecht auf – dennoch oft vergeblich.

Die Leistungen unserer Schafe und Ziegen beim Küstenschutz, bei der Landschaftspflege, beim Biotop- und Umweltschutz werden von Politik und Gesellschaft in sogenannten Sonntagsreden ebenso anerkannt wie die umweltgerechte Produktion von Lammfleisch, Milch und Wolle. Viele Betriebe, die naturverbunden und abseits von Massentierhaltung Schafhaltung betreiben, müssen dabei ein Einkommen für ihre Familien erwirtschaften. Hier stoßen wir an die Grenzen der schieren Machbarkeit!

Der Erhalt von beweidetem Grünland ist für die Förderung der Artenvielfalt von Wildpflanzen und Wildtieren unabdingbar. Nur wenn es weiterhin Weidetiere gibt, wird unsere gewachsene Kulturlandschaft ihre vielfältige Zusammensetzung behalten. Aber: Weidetierhaltung muss zumutbar bleiben!

Wir fordern von der Landesregierung, endlich die vom Bundesnaturschutzgesetz gegebenen Möglichkeiten zu nutzen, um übergriffige Wölfe zeitnah zu entnehmen. Man kann den Eindruck bekommen, dass durch bürokratische Auflagen eher die Genehmigungsbehörden vor einer Entnahme geschützt werden als die betroffenen Tierhalter vor weiteren Rissen durch den Schadensverursacher.“

Die Bundesregierung muss endlich ihre Koalitionsvereinbarung umsetzen, das Bundesnaturschutzgesetz den EU-Vorgaben anpassen und von einem Reaktions-management zu einem Bestandsmanagement gelangen. Es grenzt schon an Peinlichkeit, wie in Deutschland Empfehlungen des Europäischen Parlamentes oder der EU-Kommission missachtet werden. Andere europäische Staaten machen es uns vor.

Wie lange sollen wir Schaf- und Ziegenhalter noch die Rolle des Opferlamms übernehmen?“